Reformbewegungen in den Wupperstädten

Helene Stöcker, Foto: wiki

Helene Stöcker, Frauenrechtlerin, Sozialreformerin und Pazifistin, wurde 1869 in Elberfeld geboren.

Reformbewegungen in den Wupperstädten

Die Jugendstilbewegung strebte nicht nur eine Verbindung von Kunst und Leben auf einer erhabenen Ebene an wie z. B. die Gestaltung der Wohnungen und Städte im neuen Stil, sondern stieß gleichzeitig ganz konkrete gesellschaftliche Reformen an z.B. für die Rechte der Frauen.

In den Wupperstädten, Metropolen der Frühindustrialisierung, zeigten sich schon bald die dramatischen Folgen der maschinellen Fertigung, die Verschmutzung von Wasser und Luft, die Massierung der Arbeiter in Barmen und Elberfeld, ihre Wohnungsnot, ihre Verelendung, die Kinderarbeit …

Die soziale Frage entbrannte, das Ringen um Lösungen zwischen Reformen durch Kommunen, Kirchen, Initiativen verantwortungsvoller bürgerlichen Eliten und revolutionärem Aufbegehren der Arbeiterschaft. Pragmatische Lösungen wurden gefunden. Das Elberfelder System (Armenfürsorge), die Barmer Krankenversicherung sollten Modellcharakter als erfolgreiche Lösungsansätze im gesamten Deutschen Reich haben.

1869 wurde Helene Stöcker, Frauenrechtlerin, Sozialreformerin und Pazifistin, in Elberfeld geboren. 1892 verließ sie ihr Elternhaus und zog zu ihrem späteren Wirkungskreis nach Berlin.

Else Lasker-Schüler als Prinz Yussuf, 1912, Foto: wiki cc Marbach Sammlung

Auch die 1869 in Elberfeld geborene Else Lasker-Schüler, Dichterin, Zeichnerin und Nonkonformistin gehörte zum künstlerischen Aufbruch um 1900 und lebte in Berlin, Ascona, Zürich und Jerusalem ein geradezu provokant selbstbestimmtes Frauenleben. Im überwiegend konservativen Klima des Wuppertals, das bis zur pietistischen Enge changierte, waren ELS und ihre Künstlerfreunde eher nicht willkommen.

Wotanstr. 15 (links) 1904; hier unterhielt Sofie Garschagen ihre Privat-Krankenanstalt. Die Fassaden der Häuser Wotanstraße weisen schönstes Jugendstildekor auf; Foto: Markus Arndt 1998

Innerhalb des konservativen Mainstreams gab es dennoch um 1900 im Wuppertal theosophisch-anthroposophische und lebensreformerische Unterstömungen mit frühen Gründungen von Reformhäusern, Lichtbadeinrichtungen, einer kleinen Naturheileinrichtung in der Wotanstraße 15 und großen naturheilkundlichen Klinik oberhalb des Zooviertels.

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Kurhaus Waldesruh, In den Hülsen, Boltenberg, Foto vor 1910
Zeitgenössische Karikatur und Spottgedicht aus der Satirezeitschrift Kladderadatsch 1849; Gedicht und Karikatur beziehen sich auf den Elberfelder Aufstand im Mai 1849.

Schon eine Generation zuvor sollte Friedrich Engels, der 1820 in Barmen geboren wurde, Weltgeschichte schreiben. 1848 veröffentlichte er zusammen mit Karl Marx das Kommunistische Manifest, das den Auftakt zu den kommunistischen Revolutionen zunächst in Russland (1905; 1917) später in Asien mit China, Korea, Vietnam … bilden sollte. Weniger bekannt ist, dass Engels im Mai 1849 auf den Barrikaden im Wuppertal mitgekämpft hatte. Der sozialreformerische, auch revolutionäre Geist in den Wupperstädten steht also in einer historischen Tradition, die sich auch 1919 und in der kämpferischen Haltung der Sozialdemokraten in den 1920er und 1930er Jahren fortsetzen sollte.

Lit.: Knieriem M. (Hrg): Michels Erwachen – Emanzipation durch Aufstand, Studien und Dokumente zur Ausstellung, Wuppertal 1998, insbesondere S.47/56f./135

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